2. Juli 2015

Physiotherapeuten und die Umsatzsteuer ab 1. Juli 2015

News Erstellt von Ulrich Raab Dipl.-Kfm., WP, StB Achtung Umsatzsteuer: Seit dem 1. Juli 2015 müssen Physiotherapeuten neue Regeln beachten Physiotherapeuten sind mit erfolgreichem Ablegen der...

Achtung Umsatzsteuer: Seit dem 1. Juli 2015 müssen Physiotherapeuten neue Regeln beachten

Physiotherapeuten sind mit erfolgreichem Ablegen der staatlichen Prüfung befähigt, umsatzsteuerfreie humanmedizinische Heilbehandlungen zu erbringen.

Steuerfreie Heilbehandlungen sind jedoch nur Tätigkeiten zum Zweck der Vorbeugung, Diagnose, Behandlung und, soweit möglich, Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen. Bloße Maßnahmen zur Steigerung des allgemeinen Wohlbefindens werden steuerlich nicht begünstigt.

Nachdem es den Physiotherapeuten nicht erlaubt ist, Krankheiten eigenverantwortlich zu behandeln, forderte die Finanzverwaltung bislang als Nachweis für eine medizinisch therapeutisch veranlasste Heilbehandlung grundsätzlich eine ärztliche Verordnung.

In seinem Urteil vom 01.10.2014 stellte der BFH nun aber klar, dass die Umsatzsteuerfreiheit nicht allein wegen fehlender formeller Nachweise versagt werden darf. Physiotherapeuten können den Nachweis mit allen zulässigen Beweismitteln führen, die eine vergleichbare Aussagekraft wie eine ärztliche Verordnung haben. Damit erweitert er zwar die Nachweismöglichkeiten, betont aber gleichzeitig, dass verbleibende Zweifel am therapeutischen Zweck der Leistung zu Lasten des Physiotherapeuten gehen.

Lag keine medizinisch therapeutisch veranlasste Heilbehandlung vor, konnte bislang der ermäßigte Umsatzsteuersatz von 7 % zur Anwendung kommen, da physiotherapeutische Leistungen (z. B. Heilmassage, Heilgymnastik) grundsätzlich mit Leistungen von Heilbädern gleichgesetzt werden konnten. Für Heilbäder war es ausreichend, dass sie ihrer Art nach allgemeinen Heilzwecken dienen, der Nachweis eines bestimmten Heilzwecks im Einzelfall war nicht erforderlich, insbesondere bedurfte es keiner ärztlichen Verordnung.

Diese Sichtweise wurde mit Ablauf des 30. Juni2015 verworfen.

Für die Anwendung des begünstigten Steuersatzes von 7 % ist nun entscheidend, dass die Verabreichung des Heilbades (analog: der physiotherapeutischen Leistung) nach der „Richtlinie des GBA über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung” (Heilmittel-Richtlinie) und dem Heilmittelkatalog als Heilmittel verordnungsfähig ist. Dazu zählen z. B. Elektrotherapie, Heilmassage, Heilgymnastik und Unterwasserdruckstrahl-Massagen. Nicht verordnungsfähig sind die nicht-invasive Magnetfeldtherapie, Fußreflexzonenmassage, Akupunkturmassage oder Atlas-Therapie nach Arlen sowie Leistungen zur Veränderung der Körperform, wie z.B. Erstellung individueller Trainingspläne für Sportler.

Somit gilt:

  • Die Leistung ist umsatzsteuerfrei, wenn ein Nachweis über das therapeutische Ziel durch (Anschluss-)Verordnung bzw. Rezept eines Arztes vorliegt oder ein gleichermaßen aussagekräftiger Nachweise von zur Diagnose berechtigtem medizinischen Fachpersonal ausgestellt werden kann.
  • Die Leistung kann dem ermäßigten Steuersatz unterworfen werden, wenn sie nach der Heilmittel-Richtlinie und dem Heilmittelkatalog verordnungsfähig ist.
  • Alle anderen Behandlungsleistungen unterliegen dem Regelsteuersatz
    von 19 %.

Überprüfen Sie Ihren Leistungskatalog und den bislang auf einzelne Leistungen angewendeten Steuersatz. Bei Versagung der Steuerfreiheit bzw. des ermäßigten Steuersatzes im Rahmen einer Betriebsprüfung dürfte die Nachforderung der Steuer vom Patienten schwierig werden.

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