News Erstellt von Ulrich Raab, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Dipl.-Kaufmann
Die freiberufliche Tätigkeit eines Arztes unterliegt nicht der Gewerbesteuer, wenn der Arzt eine höchstpersönliche Tätigkeit eigenverantwortlich erbringt und der Leistung damit seinen persönlichen Stempel aufdrückt. Durch die Art der Tätigkeit grenzt sich der Arzt von gewerblichen Unternehmen ab, die ihre Leistung in beliebig wiederholbaren und nicht persönlich geprägten Prozessen erstellen. Auf den ersten Blick wird jeder in der ambulanten Versorgung tätige Arzt das Kriterium der Freiberuflichkeit für sich bejahen, schließlich steht er auch in einem höchstpersönlichen Vertrauensverhältnis zu seinen Patienten. Ungemach droht allerdings bei missglückten Regelungen im Gesellschaftsvertrag einer Berufsausübungsgemeinschaft oder aber bei Anstellung eines Kollegen mit abweichender Fachrichtung.
Finanzgericht urteilt zum Gesellschaftsvertrag
Erster Fall wurde am 19.9.2013 durch das Finanzgericht Düsseldorf (11 K 3969/11 G) entschieden und zur Revision zugelassen, die mit Urteil des Bundesfinanzhof vom 3.11.2015 (VIII R 62/13) als unbegründet zurückgewiesen wurde. Im Rahmen einer Betriebsprüfung erklärte das Finanzamt die aus drei Partnern bestehende Berufsausübungsgemeinschaft in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zum Gewerbebetrieb und unterwarf die erzielten Gewinne in vollem Umfang der Gewerbesteuer.
Hintergrund war eine bei Praxiserweiterungen durchaus häufiger anzutreffende vertragliche Gestaltung zur Beteiligung am Praxisvermögen und zur Verteilung des jährlichen Gewinns oder Verlusts.
Dabei wird versucht, einen Arzt als (Schein-)Mitunternehmer in die Praxis aufzunehmen, ohne ihn jedoch sofort am Praxisvermögen und am erzielten Gewinn oder Verlust zu beteiligen. Der neu eintretende Partner soll sich erst beweisen und vorerst eine leistungsgerechte Vergütung für seine Tätigkeit erhalten. In der Regel dienen dabei die erzielten Honorare als Grundlage für die Aufteilung der Einkünfte. So regelten auch die zwei betroffenen Ärzte die zukünftige Zusammenarbeit mit einer Kollegin, die sie in Ihrer Gemeinschaftspraxis als dritte Partnerin aufnahmen. Da die im neuen Gesellschaftsvertrag getroffenen Regelungen nach Ansicht des Finanzgerichts für die neue Partnerin keinen ausreichenden Spielraum für unternehmerisches Risiko ließen, versagten die Richter der Ärztin die steuerliche Anerkennung der Mitunternehmerschaft und schlossen sich damit der Meinung des Finanzamts an. Denn ein Unternehmer ist nur dann als solcher anzuerkennen, wenn er durch seine Tätigkeit und seine zu treffenden Entscheidungen auch das unternehmerische Risiko für laufende Verluste und den Untergang des Vermögens trägt oder im positiven Fall von den Gewinnen und der Vermögensmehrung profitiert. Fehlt die Beteiligung am Vermögen, das Mitspracherecht bei unternehmerischen Entscheidungen und die variable Beteiligung am Gewinn und Verlust, fehlt auch die Mitunternehmerinitiative und das Mitunternehmerrisiko als Voraussetzung für die Anerkennung der Mitunternehmerstellung. Weil aber die Ärztin im Glauben an eine Mitunternehmerschaft einen Teil der Patienten eigenverantwortlich behandelte, bedeutete das zudem, dass die beiden von der Finanzverwaltung als Unternehmer anerkannten Praxisinhaber in Bezug auf diese Patienten nicht als Ärzte eigenverantwortlich und höchstpersönlich tätig wurden. Sie hatten die Patienten, für deren Behandlung die Gemeinschaftspraxis Honorareinkünfte erzielte, nie gesehen geschweige denn behandelt.
Eigenverantwortliche und leitende Tätigkeit
Ärzte können sich zwar der Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte bedienen, sie müssen allerdings dabei aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig werden. Ist dies nicht der Fall, sind die Kriterien der freiberuflichen Tätigkeit nicht erfüllt und die Gewinne unterliegen der Gewerbesteuerpflicht. Die Voraussetzung der leitenden und eigenverantwortlichen Tätigkeit kann dadurch verletzt werden, dass ein Arzt die Tätigkeiten seiner Angestellten aus organisatorischen Gründen nicht überwacht und anleitet oder aber mangels eigener Fachkenntnisse dazu nicht in der Lage ist.
Beschäftigt der Praxisinhaber einen Arzt eines anderen Fachgebiets oder anderen Facharztkompetenz, kann er mangels eigener Qualifikation nicht darlegen, dass nicht der Angestellte, sondern er selbst im Rahmen der Leistungserbringung eigenverantwortlich und leitend tätig wurde. Die Möglichkeit der Anstellung von Ärzten anderer Fachkompetenz war eine der wichtigen Änderung durch das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz 2007 und den Bundesmantelvertrag-Ärzte 2013, die zur Flexibilisierung des Berufsrechts beitragen sollte. Das Ziel, größere Freiheiten zu schaffen und dadurch in der ambulanten Medizin auch Anstellungsverhältnisse in Teilzeit zu ermöglichen, wird durch das Steuerrecht nicht unterstützt. Aus Sicht des Steuerrechts kann die neu gewonnene berufsrechtliche Freiheit zur Gewerbesteuerpflicht führen und je nach Höhe des Hebesatzes der Gemeinde, in der sich die Praxis befindet, zu einer tatsächlichen Mehrbelastung.
Infektionstheorie
Bei Gemeinschaftspraxen greift zudem die steuerliche Infektionstheorie, die zur Folge hat, dass sämtliche Gewinne der Praxis durch eine auch nur in geringem Umfang bzw. Teilbereichen erfolgte gewerbliche Tätigkeit infiziert werden und somit der Gewerbesteuer unterliegen. Die Beispiele verdeutlichen, dass jede Gestaltungsmöglichkeit sowohl Vor- als auch Nachteile mit sich bringen kann und unterschiedliche Rechtsvorschriften Auswirkungen auf Erfolg und Misserfolg der Praxis haben. Das Berufs-, Gesellschafts- und Steuerrecht stellen jeweils eigene Anforderungen an die Organisation einer Arztpraxis. Langfristig erfolgreich kann nur sein, wer sich aller Auswirkungen seines Handelns bewusst ist und bei den Entscheidungen die verschiedenen Rechtsgebiete berücksichtigt.
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